Stellungnahme zu der Insolvenz von FTX
und den aktuellen Entwicklungen am Krypto-Markt
Im Zuge der jüngsten Entwicklungen am Krypto-Markt möchte die Blockchain Association Schleswig-Holstein ihre Meinung zu den Vorfällen kundtun und zusätzlich eine Einordnung der Geschehnisse vornehmen.
Was ist passiert:
Auslöser der Verwerfungen am Krypto-Markt und die erhöhte Aufmerksamkeit in den Medien sind auf die Vorfälle und Entwicklungen zurückzuführen, die sich aus der Insolvenz einer der größten Handelsplattformen (FTX) ergeben haben.
Die erst 2019 gegründete Börse konnte innerhalb kürzester Zeit, durch die Unterstützung von Venture-Capital Investoren, enorm wachsen und sich somit am Markt etablieren. Insbesondere durch Werbemaßnahmen bei großen Sportveranstaltungen, wie dem Super Bowl, erzeugte FTX öffentliches Aufsehen.
Obwohl FTX in den USA als seriöse und sichere Tauschplattform galt, gelangten Anfang November Gerüchte an die Öffentlichkeit, die zu Zweifeln an der Liquidität der Börse führten. Die aus privaten Dokumenten hervorgehenden Bilanzen von Alameda Research legten offen, dass von den in der Bilanz aufgeführten 15 Milliarden Dollar, nur 130 Millionen Dollar in Fiat vorlagen und eine vorher ausgewiesene Deckung von Kundeneinlagen nur sehr begrenzt erfüllt wurde. Diese Veröffentlichungen traten bereits eine Welle der Empörung los und sorgten für genauere Untersuchungen der Plattform, deren Ergebnis dramatische Missstände und eklatantes Versagen jeglicher Kontrollinstanzen offenlegten.
Es zeigte sich, dass FTX, an dessen Spitze der Gründer Sam Bankman Fried steht, Kundengelder in Milliardenhöhe veruntreut, Gelder zweckentfremdet und zur Rettung anderer verbundener Unternehmen genutzt hat. Eine verantwortungsvolle und nachhaltige Unternehmensführung wurde mittels gezielter Entscheidungen bewusst durch das Management vernachlässigt.
Der beschriebene Sachverhalt hinterließ Wirkungen in verschiedenen Bereichen des Marktes. Zum einen brachen Kurse etlicher Kryptowährungen aufgrund von Panikverkäufen zusammen. Zum anderen traten Fragen um die regulatorischen Anforderungen an Kryptobörsen und, wie bei anderen Skandalen in der Vergangenheit auch, eine Grundsatzfrage der Professionalität und Vertrauenswürdigkeit des Krypto-Marktes auf. Aus den aktuellen Untersuchungen der verantwortlichen Behörden geht hervor, dass die vorangegangenen Entwicklungen im Krypto-Markt innerhalb des letzten Jahres für zusätzlichen Druck gesorgt haben und bestehende Missstände stark verstärkt haben. Infolge der engen Verflechtungen im Krypto-Markt sind Auswirkungen auf andere Plattformen in den kommenden Wochen nicht auszuschließen.
Stellungnahme der Blockchain Association Schleswig-Holstein e.V.:
Die BA.SH möchte diese Vorkommnisse zum Anlass nehmen, um Fehlinterpretationen dieser Geschehnisse vorzubeugen und gleichzeitig einen Appell für die konstruktive Regulierung zentraler Börsenplätze aussprechen.
Der beschriebene Sachverhalt sollte differenziert betrachtet und eine Unterscheidung zwischen menschlichem Fehlverhalten und zugrundeliegender Technologie vorgenommen werden.
Bei FTX handelt es sich um einen zentralen Finanzdienstleister, dessen Management bewusst nicht nach den wesentlichen Blockchain-Idealen (wie Dezentralität, Transparenz und Irreversibilität) handelte. Das Management verfolgte zentral eigene Interessen und war nicht in der Lage, ein adäquates Risikomanagement aufzubauen.
Die Blockchain Association Schleswig-Holstein fordert daher auf, eine differenzierte Analyse der Geschehnisse vorzunehmen und insbesondere zentrale Unternehmen klar von dezentralen Blockchain-Protokollen und den damit verbundenen Konzepten abzugrenzen.
Zudem möchte die Blockchain Association Schleswig-Holstein Anleger dazu ermutigen, eigenverantwortlich mit Geldern umzugehen und bei Notwendigkeit, auf regulierte Börsenplätze mit Sitz in einem regulierten EU-Staat zurückzugreifen. Ebenfalls spricht sich die Blockchain Association Schleswig-Holstein weiterhin für die konstruktive Regulierung von Akteuren innerhalb des Krypto-Marktes aus und sieht insbesondere bei Krypto-Exchanges großen Nachholbedarf.
Regulatorische Instanzen haben bisher scheinbar die Relevanz der Handelsplätze und Protokolle aufgrund des schnellen Wachstums und der teils undurchsichtigen Marktlage nicht angemessen eingeordnet. Dies ermöglicht das Ausnutzen regulatorischer Lücken, die Spielräume für Betrug und sonstige Straftaten eröffnen.
Eine angemessene Regulatorik sollte den Verbraucherschutz in den Vordergrund stellen und sich dabei an geltenden Regelwerken, wie dem TVTG (Liechtenstein), sowie den Standards des regulären Bankengeschäfts orientieren. Customer Funds sollten klar von Corporate Funds abgegrenzt werden und dabei genormten und europaweit geltenden Standards unterliegen (siehe Artikel 25 TVTG). Um die Verbraucher weiter zu schützen, sollten geeignete interne Kontrollmechanismen (Nachweis von Kundengeldern, Compliance Prüfungen etc.) in regelmäßigen Abständen von den zuständigen Behörden durchgeführt werden (siehe auch Art. 17 TVTG).
Aus unserer Sicht sollte es das Ziel sein, einen attraktiven und angemessen regulierten Standort für ein Blockchain-Ökosystem aufzubauen, der Emittenten und Verbrauchern ein erhöhtes Maß an Rechtssicherheit ermöglicht und somit das Vertrauen in die Technologie stärkt. Pauschale Verbote scheinen in diesem Kontext nicht zielführend.
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